FATES WARNING - Awaken the guardian (Vinylklassiker)



(1986, USA, Metal Blade Records, 47.51)
01. The sorceress
02. Valley of the dolls
03. Fata morgana
04. Guardian
05. Prelude to ruin
06. Giant's lore (Heart of winter)
07. Time long past
08. Exodus
1986 war der zweite Gitarrist Victor Arduini ausgeschieden und für ihn der Klampfer der Powerspeedkapelle DEMONAX, Frank Aresti, bei FATES WARNING eingestiegen. Die Band machte somit auf ihrem dritten und bedeutendsten Album "Awaken the guardian" einen Quantensprung nach vorne, instrumental und kompositorisch. Der ohnehin mystisch verzaubernde Heavy Metal, welcher die ersten beiden Alben beherrschte, wird auf dieser Scheibe durch ein Gewitter aus Riffs und Breaks auf die Spitze getrieben, die Band spielt wie ein einem Lustrausch, während auf den Fundamenten aus Riffs und Rhythmen, sowie einigen Leads die Stimme von John Arch mit einer Anmut und Eleganz, aber gleichzeitig auch infernalischen Power dahinreitet. Beherrscht er dieses Album, wie von einem anderen Rezensenten angesprochen? Er bringt den roten Faden in die Musik, die Eingängigkeit, aber dennoch verstärkt er den Wahnsinn dieser Platte um ein Vielfaches, die brodelnde Intensität wird durch seine Screams und betörenden Melodien fast schon unerträglich und dennoch ergreift sie den Hörer auf der Stelle. Das ist die große Kunst des Komponierens. Jim Matheos, Kopf und Gitarrist der Band, hasst seine alten Scheiben? Er muß komplett bescheuert sein. Die Inbrunst, mit der Arch hier den Megahit "Fata Morgana" beackert ist nicht in Worte zu fassen. Wunderschöne Gesangslinien stecken beim Anhören Deine Seele direkt in Brand, sei es im relativ geradlinigen Strophenteil, dessen Basisthema auch den Soloteil bildet, sei es auf den verwinkelten Progmetalparts oder dem rhythmisch ausbrechenden Refrain. Ja, John Arch ist eine beherrschende Kraft, aber ohne diese Songs dahinter hätte er sich niemals so entfalten können. Also stimmt die Aussage meines Standeskollegen der Babyblauen Seiten nur zum Teil. Aber das liegt wohl auch eher im Auge des Betrachters bzw. im Ohr des gebannt Lauschenden. Und FATES WARNING schlagen hier die Brücke zwischen soviel Tiefgang und Anspruch, dass man der Musik wirklich zuhören muss und dem Wunsch, sich einfach nur den Geist aus dem Leib zu bangen. Mein persönlicher Favourit ist das vierte Stück, "Guardian", welches besinnlich anfängt, dann in einen krachenden und doch melodischen Metal ausbricht und wiederum in ruhige, geheimnisvolle Passagen mit Gesang hineinfließt. Du bist verzaubert, gefangen in diesen Harmonien und wirst mitgerissen. Der Refrain ist euphorisch, erhaben groß und betörend schön, dass es Dir fast das Herz explodieren lässt. Es gibt nur wenige Songs, die mir eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper geben, das hier ist einer von ihnen, gleich neben "Dreams of Eschaton" von MANILLA ROAD, einer der gewaltigsten und majestätischsten Heavy Metal Killer! John Arch und seine Backingband müssen im Moment des Komponierens und später beim Einspielen wohl die Tür zum Götterreich aufgestossen und vom heiligen Manna gekostet haben, denn dieser Song ist wahrlich erleuchtend. Und er bleibt nicht einfach nur episch, majestätisch, er kommt wuchtig ins Rocken und Treiben mit immer noch wahnwitzigeren Gesangsausbrüchen und herrlichen, den Orgasmus hinauszögernden Breaks. Und wenn ich jetzt anfange zu weinen, dann weil mir dieser Song echt alles nimmt und zugleich alles gibt. Wenn es pure Liebe in Musik gefasst geben sollte, dann ist es "Guardian". Kann nach solch einem Abschluss die B Seite noch was? Und wenn, ist das von Belang? Verauasgabt und erschöpft hängt man in den Seilen, als die Band mit weiteren geheimnisvollen Gitarrenläufen, bei denen die Leadgitarren immer ein wenig geduckt ihre prächtigen Harmonien auf die bissigen Riffs spielen über angenehm verdrehten und doch metallisch groovenden Rhythmen "Prelude to ruin" ins Rennen wirft. John Arch dreht schon wieder komplett am Rad. Schlenker, Ausbrüche, aber auch Melodien von nie gehörter Anmut und selten so intensiv erlebter Leidenschaft werden von seiner übercharismatischen Stimme in die Ewigkeit geschickt. Und das mit einer Entspanntheit, mit einer coolen Art, die schon fast frech anmutet. Ja, der Mann und die Band können alles, auf diesem, absolut überdimensionalen und doch durch den Verzicht auf Kitsch und Verweichlichung durch Keyboards, den Verzicht auf Mainstreamattitüden und Popanklänge so bodenständigen, ehrlichen Album. "Prelude to ruin" ist solch ein Killersong mit einerseits sperrigen Parts und andererseits tödlichen Hitpassagen, die so weit abseits allen Massengeschmacks laufen. Reich und berühmt wollten FATES WARNING hiermit sicher nicht werden, aber verdient hätten sie es. Ich schreibe meine Kritik hier anhand der alten LP, der wunderschönen mit dem gewaltigen mystischen Bild als Frontcover, für die zu spät gekommenen Nachwuchsbanger und 80er Freaks, die dieses Album damals verpasst haben, gibt es von Metal Blade eine Nachauflage. Doppel CD und DVD mit Demos und Livemitschnitten zum Album respektive einem kompletten 86er Konzert der Band, bei dem Mike Portnoy von DREAM THEATER persönlich im Publikum stand. Ohne dieses Album hätte es soviele nachfolgende Progmetallegenden nie in der Form gegeben, wie sie letztendlich gewesen sind. Die 90er wären anders verlaufen, der Progmetal wohl noch mehr Gefrickel (womit sich WATCHTOWER ja nach ihrem kultig verrückten und wahrlich echtmetallenen Debütalbum viele Freunde und auch Feinde machten) und weniger Seele in Form von eigensinniger, inspirierender Melodieführung. Wie man es auch dreht und wendet, das hier ist einer der absoluten Volltreffer und ein eternales Meisterwerk, von denen es auch in den güld'nen 80ern, dem Metaljahrzehnt, nicht viele gegeben hat.
100 / 100

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Salve

Also auch einer, dem bei der richtigen Musik die Tränen in die Augen schießen!
Das ist schließlich auch nichts, wofür man sich schämen muss. ich erinnere mich, als wäre es gestern an das Portrait-Konzert im letzten Jahr in Ettlingen: Anstatt mir wie sonst das Hirn aus der Rinde zu bangen stand ich einfach nur da voller Erstaunen ob des Gebotenen. Ich stand da wie angewurzelt und wurde erschlagen von den Emotionen, die meinen Körper durchfuhren. Selten habe ich etwas derart schönes erleben dürfen und ich hatte Tränen in den Augen.
Das sind die Momente auf einem Konzert, die man sein Leben nicht vergessen wird.
Sowas hätte ich mir - so wenig ich mit dem meisten Prog auch anfangen kann - bei Fates Warning mit John Arch durchaus auch vorstellen können.

evlaS

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