VERGANGENE GROSSTATEN: AXEGRINDER - Rise of the serpent men


(1988 / 2006, UK, Peaceville, 63.53)
01. Never Ending Winter
02. Hellstorm
03. Life Chain
04. War Machine
05. Evilution
06. Rise Of The Serpent Men
07. The Final War
08. Malfunction [Bonus]
09. Virtual Reality [Bonus]
10. I Need Face [Bonus]
11. Slow Motion Rewind [Bonus]
Ein eher besinnlicher, unverzerrter Gitarrenlauf zu Beginn, dann eine stampfend metallische Einleitung, wohin soll uns diese Scheibe noch führen? AXEGRINDER kommen aus dem England der späten 80er und haben ihr Album über Peaceville veröffentlicht, das kann also nur finsterster Grindcore sein. Okay, ganz so derbe sind sie nicht. Der erste echte Song „Hellstorm“ ist wuchtiger, dreckiger Metal mit thrashigen, punkigen und fett rock’n’rolligen Elementen, wie ein Mix aus CELTIC FROST, DISCHARGE und MOTÖRHEAD. So soll es dann auch weitergehen. Es groovt und treibt ohne Ende, nach den groovigen Passagen wartet man aber vergebens auf ein Blastbeatfeuerwerk. AXEGRINDER legen mehr Wert auf die ultimative Wucht denn auf sinnloses Geprügel. Verzerrt scheint hier alles, Bass, Gitarre, Gesang. Das macht den Anfang von „Life Chain“ so besonders spannend. Nun denkt man aber, daß es gleich im NAPALM DEATH Höllentempo losgeht, wenn der tänzelnde Anfang vorüber ist und sich Sänger Trev mit tiefer, rauher Stimme ausgeschimpft hat. Nein, dem ist nicht so. Das stets vor sich hin donnernde und doch groovende Feeling des Openers wird übernommen. Es fällt auf, daß die Stücke sehr eingängig sind. AXEGRINDER waren wohl in den späten 80ern das, was man heute als „Metalcore“ einstufen würde, eine gelungene Symbiose aus wütendem Hardcore und fiesem Thrash und Deathmetal. Bei „Life Chain“ gibt es sogar einen schönen, etwas flotteren Solopart, was eben die Metaleinflüsse nochmals unterstreicht. Mir fällt dieser scheppernde, aber ultimativ düstere Gitarrensound an allen Ecken und Enden auf. Ein schönes Keyboardintro gibt es für „War Machine“. Sehr melancholisch und dunkel, fast an alte 70er Horrorfilme erinnernd mit Gothictouch. Ja, schräg, aber warum nicht? Dann bricht die Hölle los. Das Schlagzeug wirbelt entfesselt, die Gitarren feuern intensive, mitreißende Riffs ab und der Bass pumpt aggressiv im Hintergrund. Dann ein Bruch, nur Bass, zurückhaltendes Schlagzeug und unverzerrte Gitarre, wieder ein Umschwung in eine mittelschnell walzende, alles zermalmende Passage mit diesen herrlichen Mühlsteingitarren und schon geht der fünfte Song mit einem Basslauf sehr ruhig aber spannend los. „Evilution“ steigert sich in einen Rifforkan rein, der zwar für Sekunden straight nach vorne marschiert, aber wieder in diesem wellenhaften Groove vom Schlagzeug endet. Irgendwo in der Mitte des Stückes bekommt man ein jaulendes Gitarrensolo serviert und einen sehr eingängig wirkenden Refrain, dann noch ein Tappingsolo und wieder Gejaule. Was sind AXEGRINDER eigentlich? Deathmetaller? Rocker? Punks? Musikalisch war die Symbiose perfekt, machte und macht unheimlich Spaß. Der Sound ist natürlich anders als heute. Digitale Glanzproduktionen gab es 1987/88 noch nicht, Satan sei Dank. Hier klang alles räudig, dreckig und infernalisch, dadurch aber so natürlich und lebendig wie nur möglich. Leben ist nicht perfekt! Perfektion bedeutet Tod. Okay, back to the Music! Wieder geht es mit unverzerrten Gitarren, zurückhaltend im Indierockstil los. Dann sägt auf einmal eine Zerre rein und es wird verdammt heavy. Aus den Riffs sprechen die Emotionen, die rohen, tiefen Vocals sprühen über vor Zorn. Der Song ist gut arrangiert und auch wenn das Spiel sehr entfesselt und rauh klingt, die Band spielt exakt. Sie sind keine technoiden Instrumentalgötter wie damals MAJESTY (die sich ein Jahr später in DREAM THEATER umbenannten und ihr gefeiertes Debüt rausbrachten), sie spielen einfach mit Leidenschaft und intensivsten Gefühlen, die aus jeder brodelnden Note strömen. Tolle Steigerungen auf Bass und Gitarren durchdringen Deine Sinne, setzen sich unweigerlich in Dir fest. So sehr es auch scheppert, „Rise of the Serpent Men“ ist richtiggehend melodisch. Ein langer und sehr progressiver Song.
Piano vom Keyboard leitet „The final War“ ein. Nun wird es gänzlich schmusig? Klare Gitarren betören Dich, eine entspannte, schwebende Atmosphäre entsteht. Sobald Trev aber den Mund aufreißt, ist es mit der Herrlichkeit vorüber, zudem kommen einige Augenblicke später die Weltuntergangsgitarren wieder und walzen mörderisch über Deine Seele. Ja und dann? Dann tritt wieder der ruhige Part ein. Wow, doch nicht nur eine Einleitung. Dieser Abschnitt schwimmt in Melancholie und unterschwelligem Zorn.
Welch eine Scheibe! Klar, 1988 nur den Hardcorefreaks vorbehalten, weil es eben noch keine Möglichkeiten gab, sich mit Informationen vollzusaugen. Dabei hätte sie ebenso den Thrashfanatikern, Deathmetal (CELTIC FROST) - Fans (die damals ja von der „Cold Lake“ bitterst enttäuscht waren), Hardcoremaniacs und sogar toleranten Schwermetallern (die, denen alle Kaliber gefielen) eine Gänsehaut verschaffen können. Was nicht ist, wird vielleicht werden, oder? Ach ja, Bonustracks gibt es auch. Vier Stücke von WARTECH, der AXEGRINDER Nachfolgeband. Musikalisch war es sauberer, sehr progressiv, schräg und finster, aber noch immer metallisch. Vergleichbar sicherlich mit VOIVOD, KILLING JOKE und solchen Sachen. Die Songs sind sehr spannend, mit abgeflogenen Läufen, feurigen Soli, sehr kranken Melodien und Disharmonien. Wem sie nicht gefallen, der kann ja nach „The final War“ die CD abstellen, Wagemutige hören und genießen bis zum Ende.

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