05. Green glass and all that jazz
06. Conversation with Billy
07. Bought and sold
Orgeln, Mann, Orgeln!!!! Und knackige Riffs! Langhaarige Typen auf dem Backcover und die gleichen auf dem Frontcover. Ihr Foto eingebettet in ein mystisch dunkles Vollmondbild, gemalt natürlich, mit Sumpfhintergrund. Und dann gleich dieser Opener, der eingängige "Everyday is cool" Song. Die Hauptmelodie packt Dich augenblicklich und das Zusammenspiel der Instrumente ist absolut auf den Punkt. Trotzdem klingt alles lebendig und vibriert vor brodelnder Leidenschaft. Der Tontechniker, welcher dieses Demo (!) von 1970 aufgenommen hat, wurde später dann mehrfach für seine Arbeiten mit dem Grammy ausgezeichnet. Da verwundert es nicht, dass die Aufnahmen dieser Kellerband von 1970 so perfekt geworden sind. Jedes Instrument, derer viere gibt es, Bass, Gitarre, Schlagzeug und Orgel, dazu ein mittelhoher, angerauter Leadgesang, ist klar und deutlich im Mix herauszuhören, hat Volumen und Kraft. Die Band spielt mit viel Gefühl, mit Wut in den forscheren Rockpassagen, aber auch entspannt in den progressiveren, verwegeneren Parts, wo ein dezent jazziger Schwung die Rhythmik bestimmt, während darüber Orgel und Gitarre feine Harmonien zaubern. Im epischen Titelsong sogar beide gleichzeitig über einem vertrackten Beat. Hier schimmert der aufkommende Progressiverock schon durch, wird aber härter und angriffslustiger gespielt. Der Sänger ist charismatisch und hat diese Magie des Erzählers.
SABBATIS schalten gerne einen Gang zurück und verzaubern den Hörer mit dahintänzelnden, verträumten Rockmomenten, bevor sie wieder die Riffkeule auspacken. Hier haben natürlich die großen Helden der Rockmusik Pate gestanden und man kann gut heraushören, welche Ikonen mit ihren noch recht jungen Alben den vier Jungspunden den Kopf verdreht haben. Jedoch ist die eigene Vision der fast noch jugendlichen Band (alle 20 bis 22) stärker als die Lust am Nachempfinden der Lieblingsmusik. Hier haben wir vier Talente, die zu Höherem berufen gewesen sein sollten. Wenn die dampfenden Gitarrenleads aus den Boxen blitzen, ist es um meine Sinne geschehen. Die Melodien und Songstrukturen sind immer sehr eigen, einprägsam und gefühlsintensiv, so dass der Hörer augenblicklich mitgenommen wird auf eine Reise, die durch lärmige, verqualmte Großstadtstrassen, über düstere Hinterhöfe und obskure Wege bis in die Army Camps in Vietnam führt. Es ist DIE Musik DER Zeit, die aber so zeitlos frisch erscheint und sich in Deine Seele frisst, auch wenn vielleicht der eine oder andere Song mehr Akkord - und Passagenwechsel aufweist als Rock'n'Roll oder Blues LPs zusammen.
Mich verwundert, dass dieses Album 1970 nicht bei einem Label wie VERTIGO erschienen ist. Wenn ich mir den B - Seiten Opener "The devil's in you" anhöre, dann ist das für mich ein Hardrockhit, der die besten Seiten der DOORS und der frühen DEEP PURPLE vereint, der VANILLA FUDGE zu der Coverband degradiert, die sie ja auch waren, wenngleich begnadet. Der Refrain wird inbrünstig herausgedonnert von allen Beteiligten, verspielte instrumentale Parts betten ihn und die cool wirkende Strophe ein. Dann "Green glass and all that jazz", welches den Jazz nur im Titel trägt. Das sind Songs, zu denen man durch die Straßen tanzen will. Die Leadgitarre singt uns dazu was vor. Hier werden ausgewählte Noten zelebriert, statt wie von Sinnen zu frickeln. Und das macht die Atmosphäre nur noch intensiver und hitziger. Wieder viele Tempowechsel, verschiedene Grooves und Breaks. Die Instrumente entwickeln förmlich ein Eigenleben und umtanzen einander, umschlingen einander, scheinen verliebt und tief verbunden. Und dann das Highlight, das melancholische "Conversation with Billy", wo die Orgel über einer dahinschlendernden Grundinstrumentierung zutiefst traurige Melodien singt. Der melodische, emotionsüberladene Gesang bringt dann die Seele zum Schmelzen. Der Refrain packt Dich im tiefsten Inneren und schüttelt Dich durch. Mich erinnert der Song an IRISH COFFEE aus Belgien und ihren Killer "Beginning of the end" vom erst ein Jahr später erschienenen Album. Zufall, beide Bands haben sich nie gekannt. Aber sie hatten eine eigene Version des angesagten Orgelhardrocks. Und beide wußten zu überwältigen. In der Mitte des Stücks dreht die Band dann auf und baut immer wieder kräftigere Refrains ein, aus denen weitere verspielte, sanfte Parts hervorkommen. Die Orgel wird zu einem Solo aufgefordert und liefert ab. Ganz hohe Kunst. Hat auch was von WARHORSE aus Englang, dem DEEP PURPLE Ableger. So haben viele junge Menschen damals eine Klangvision gehabt und ihre ureigenen Träume in Musik manifestiert.
Die LP auf OUTSIDER MUSIC ist nach wie vor problemlos bei allen angesagten Versandhändlern oder bei DISCOGS zu bekommen, ca. 20 Euro. Für Freunde von solchen Kultbands wie IRISH COFFEE, WARHORSE und den frühen DEEP PURPLE ist das hier absolute Pflicht. Und im internen Legendenranking kommen SABBATIS als vergessene Perle auf einen der ersten drei Plätze. Und das abschließende "Bought and sought", ein Bluesboogiesong, simpel, schlicht und cool, erst eher akustisch ohne Rhythmus, dann rockend, ist da einfach nur ein schöner Schlusspunkt unter ein großes Album bzw. ein vergessen geglaubtes Demo, welches zu einem Klassiker gemacht wurde, 41 Jahre nach der Aufnahme.
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