Friedhof - same













( BRD, 1973, Privatpressung, 44.04 min)

01. Orgasmus
02. Nothing at all
03. Undertaker's joy
04. Setting sun
05. Clear blue sky
Es ist wieder Zeit für einen Griff in meine Obskuritätenkiste und dieser fördert ein Album von 1973 zutage, welches bis heute nichts von seiner faszinierenden Art verloren hat. Der Freund eines Freundes hat es sich als Original LP 1974 auf einem Konzert der Band gekauft, ich habe eine CD Wiederveröffentlichung über LOST PIPE DREAMS Records aus den 90ern. Ich nehme an, es handelt sich um eine niedersächsische Band, ein Powertrio, welches sich dem harten, jammigen Rock verschrieben hat, der deutlich im Blues wurzelt und durch seine lockere, verspielte Weise einen psychedelischen Touch mitbekommen hat, in den härteren Momenten aber sogar bis zum gemässigten, boogielastigen englischen Metal der späten 70er und frühen 80er vordringt. Fünf bis sechs Jahre war dieses Trio seiner Zeit in manchem Moment voraus, ansonsten schon an ihrem Pulse. Der Opener "Orgasmus" wird dann auch seinem Titel gerecht, eine dunkle, intensive Jamorgie mit Wahwah - Gitarren, hypnotischem Beat und sich ständig steigernder Dramatik, die sich nach dem Höhepunkt wieder in sanfter Kurve nach unten bewegt und den Hörer mit sich reißt, direkt in einen Zustand kompletter Ekstase. Über elf Minuten geht diese feurige Abfahrt mit ihren stets brodelnden Gitarrenläufen. "Nothing at all" hat sogar über zwölf Minuten Laufzeit und gerät vom straighten Heavyrock mit Boogieeinflüssen in ein infernalisches Powersolo, bei dem Bass und Schlagzeug verstummen, um dem Gitarristen Ernst Ulrich Freitag den Raum zu geben, in einem Zustand völliger Besessenheit die Saiten zu bearbeiten. Drummer Rainer Bartl übernimmt hiernach die Führung mit einem tosenden, polternden, entfesselt wirkenden Drumsolo, welches die Ekstase des Hörers noch zu steigern weiß. Wild und zutiefst spirituell trommelt Rainer sich fort aus dieser Dimension, bevor EUF wieder mit harten, sägenden Riffs einsetzt und schließlich ein schier endloses Powersolo abfeuert. Basser Norbert Schulz fällt eigentlich nicht so auf, sorgt aber mit seinem kraftvoll pumpenden Spiel für einen soliden Grund, auf dem sich die Stücke entwickeln können. Die Band ist perfekt aufeinander eingespielt, sie geht ab wie eine Rakete. Der Bandname irritiert ein wenig, denn mit Düstermusik hat das eigentlich nichts zu tun, es ist einfach ungezähmter, aufgewühlter Heavyrock ohne Gesang, der dennoch wieder und wieder markante Punkte zeigt, an denen sich der geneigte Fan orientieren kann. Im Vergleich könnte ich BUFFALO (Australien), BLUE CHEER, BUDGIE, GROUNDHOGS und TIGER B. SMITH (D) anführen, Bands mit immens kräftigem, zermalmend wuchtigem Klang. Die Aufnahmen bringen ein feines Livefeeling mit, obwohl ich gerade beim Opener Overdubs vernehme, denn bei einer Gitarre kann man nicht gleichzeitig klackernde Wahwah - Rhythmen und fetzige Leads spielen. Egal, das Feeling ist korrekt, die Songs sind trotz der jammigen und aus den Fugen geratenen Art packend und reißen unweigerlich mit. Bei "Undertaker's joy" dominiert ein flotterer Hardrock, wobei EUF seine Leadgitarre ohne Unterlass jaulen lässt, aber auch tolle Leitharmonien spielt, die ebenfalls wieder von Overdubs künden, da sie phasenweise zweistimmig daherkommen. Toll ist die Abfahrt der Leadgitarre über einem treibenden Schlagzeug in der Songmitte, bei dem der Bass komplett aussetzt. EUF wütet wie ein Losgelassener auf seiner Les Paul herum, voller Leidenschaft, voller Leben. Die Melodien sind sehr eindringlich und verweilen beim andächtig lauschenden Phreak. Einige derbe Heavyriffs und wüst verzerrte Soli übernehmen das Ruder, zersägen allen Widerstand, den ein potentieller Fan aufbringen könnte in einem Augenblick. EUF spielt verrückte, eruptive Läufe, die scheppern und krachen, als wären zehn Gitarren am Werk. "Setting sun" beginnt besinnlich und sentimental mit einem entspannten Sonnenuntergangsgefühl. Doch das währt nicht ewig, denn ein treibender Heavyrock setzt ein, über donnernden Rhythmen scheppern die WahWah - Gitarren und EUF setzt noch einmal seine feurigen Leads darüber. Ganz unvermittelt bricht das Stück ab und ein eingängiges Hardrockriff mit Schlagzeugbreaks eröffnet "Clear blue sky", einen melodischeren Song mit tollen, doppelläufigen Gitarrenmelodien, die ein leicht folkig, versponnenes Feeling mitbringen. WISHBONE ASH auf Underground. Sehr eingängig und emotionsgeladen hardrocken sich die drei Jungspunde durch das Stück. Hier scheint sieht man sehr gut die mögliche Entwicklungsrichtung der Band für zukünftige, aber leider niemals realisierte Alben. Dieses Stück ist verdammt eindringlich komponiert, die Gitarrenläufe sind nicht unbeding megaheavy, strotzen jedoch nur so vor Kraft und wilder Lust. EUF jagt erneut, ein letztes Mal, wie ein Berserker seine Les Paul solotechnisch durch die Hölle und zurück, während Norbert und Rainer ihm ein grooviges Fundament dazu stricken. Du kannst gar nicht anders und musst einfach ausflippen, drehst Dich im Kreise, wirbelst wie ein Derwisch durch die Gegend, bist nicht mehr in dieser Welt. Der Mittelteil mit seinen ausladenden Soloeskapaden der Gitarre ist einfach wahnwitzig. Schade darum, dass dies die einzige Veröffentlichung von FRIEDHOF blieb, angesichts dieses Talents. Nicht einmal posthum haben findige Krautrocklabels noch weitere köstliche Kleinode aus der Klangschmiede dieser Band entdecken und uns zugänglich machen können. Wer weiß, was da noch im Verborgenen schlummert! Solch eine Platte fickt definitiv neunundneunzig Prozent aller tumben Stoneracts auf diesem Planeten mit einer dem Bandnamen gänzlich entgegenstehenden Lebensfreude. Amen! 10/10

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