Blind Ravage - same (Canada, 1972, Gear Fab Reissue)

(1972, Gear Fab, Kanada, 37.25 Minuten)
01. Susie-Q
02. Tousaw
03. Friday Fish
04. Prodigal
05. My Life
06. Strange Power
07. Cement Jungle
08. Ruins
09. Disaster
10. Loser
Groovigen Rock mit coolen, emotionalen Melodien gibt es von der Band BLIND RAVAGE aus Montreal, Kanada. Der Einstieg wird vom vielgecoverten Klassiker "Suzie - Q" bestritten und die Band müht sich redlich ab, ihre eigene Version daraus zu machen, weniger psychedelisch als die RATTLES, anders als ROLLLING STONES und CCR. Gut, sehr gut eigentlich. Bis zum dritten Song "Friday fish" geht das Scheibchen schon einmal okay, es ist ehrlicher Rock, mit weniger harten, aber leidenschaftlich gezockten Gitarren und schönen Orgelläufen, die ein wenig im Gesamtklang untergehen. Ich würde hierzu niemals Hardrock sagen, weil einfach die Power der Klampfen nicht da ist, aber für 70er Freaks ist es gefundenes Fressen. "Prodigal" an vierter Stelle ist ein sehr entspannter Song mit latentem Westcoast - und sogar Southernrockeinschlag, aber eben alles in Maßen, nicht in Massen. Erdig und wenig originell, dennoch schön, grad in den schwebenderen Parts. Boogie, Blues, ein leichter Funk in der Gitarre, aggressiverer Gesang, das ist dann "My life". Eine schöne Acidleadgitarre knistert und knackst verhallt bluesige Soli über den coolen Shufflebeat und die repetativen Bassläufe, welche einen nach und nach tatsächlich in ihren Bann ziehen und hypnotisieren. Der Sänger ist nun keine große Leuchte, aber sehr charismatisch in seiner Art. Er zeigt sich wütend, politisch motiviert. Für 1972 oder gar 1973, wie mancherorts zu lesen, sind BLIND RAVAGE ein wenig altbacken, kommen drei, vier Jahre zu spät, bedenkt man die damals rasanten Entwicklungen im Rockbereich. Egal, egal, es kommt auf den Spaß an und den hab zumindest ich mit diesem Album. "Strange power" setzt weniger auf die schiere Brachialität von Gitarreneruptionen, sondern vielmehr auf die fremdartige Kraft der Melancholie, ist dann auch eine Ballade mit leicht schummeriger Grundstimmung und emotionsgeladenem Gesang, die im Refrain heavier, aber auch euphorischer klingt. Schöne Orgelteppiche und Leadgitarren machen diesen Song aus. Man gibt sich natürlich von der Musik der späten 60er beeinflusst, vom Psychedelic, Westcoast und Blues. Nun, dagegen sage ich nichts. Eine spannendere Passage mit der Orgel als Leadinstrument wird angestimmt, das Schlagzeug wird intensiver, wilder, wobei nur auf der Hi Hat gespielt wird. Schöne verspielte Gitarrenläufe sorgen für ein progressiveres Feeling, bevor es zurück zur Ballade geht. Ein leicht souliger Ausdruck ist hier zugegen, obschon der Sänger allein schon dafür sorgt, daß es eben nicht nach Soul klingt, dafür ist seine Stimme zu sehr Rock. Nun, feine Schwebernummer. "Cement jungle" ist wieder erdiger Rock mit Boogie und Country darin, jetzt kein Highlight aber gut anzuhören. Ein Song, wie ihn halt unzählige Bands damals gemacht haben, ich denke an die DOOBIE BROTHERS oder LYNYRD SKYNYRD. Not bad, gerade das leidenschaftliche Gitarrensolo schockt. Auch 1972 gab es, genau wie heute, Mitläuferbands und ich halte BLIND RAVAGE durchaus für eine solche, wobei die Musik damals einfach oft mehr Gefühl und Spielfreude offenbarte und zuweilen doch sehr besessen klang. Auch BLIND RAVAGE haben solche Momente. Sterben würde ich wohl nicht für dieses Album, die absoluten Brechersongs fehlen einfach, aber solide Kost ist es allemal und wenn man es für nicht allzu große Kohle als CD Reissue sieht, ja, dann kann man durchaus zuschlagen. Sie meinten es wohl doch ganz gut. "Ruins" ist das Resultat des "Cement jungle", nehme ich an, wobei ich keinen lockeren Southernrocker mit zugegeben feiner Orgel erwartete, sondern eine düstere Endzeitnummer. Wie man sich täuschen kann. Lockerer Boogierock, wie gehabt, etwas flotter, recht frisch und nicht so spektakulär, aber von solider Qualität und gut für das Tapedeck respektive den CD Player im Auto. Ich sehe schon, Gear Fab Records wollen wirklich alles an vergessenem Material veröffentlichen, was ihnen so in die Finger gerät, dabei schleichen sich durchaus auch mal ein paar Perlen ein, aber durch die Masse eben wird auch viel nur netter Standardrock ausgebuddelt, für den kaum einer große Summen ausgäbe. Ich meine, okay, ich stehe auf die ROLLING STONES und deren 70er Stoff war kaum weniger kraftvoll als dieser Rock aus Kanada. Also, verwüsten tut es meine Bude nicht. Ich meckere jetzt natürlich nicht rum, ich mag die Scheibe, sie ist gut zu hören und wird wachsen, sie wird mit der Zeit wachsen. Angesichts vieler cooler Progscheiben aus Italien und europäischem, wie amerikanischem oder australischem Heavyrock sind diese Kanadier halt eher eine Band aus der zweiten oder dritten Reihe und deutlich Mainstream. Sie mit den wirklich guten WARPIG zu vergleichen, halte ich für einen absoluten Fehlgriff, der nur in einem Verkaufskatalog vorkommen kann. Puuh, nach dem erdigen und unauffälligen "Disaster" kommt mit "Loser" nochmal so eine 60er Soulrocknummer auf den Tisch, die an Nettigkeit kaum zu überbieten ist. Gerade bei solchen eher biederen Nummern aber entwickeln BLIND RAVAGE eine packende Coolness, die Dich als Hörer trotz aller Vorbehalte in ihren Bann zieht. Wer nicht immer nur progressive Undergroundmusik braucht, ist mit diesem recht fröhlichen Rockalbum gut bedient.

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