Exploit - Crisi

(Italien, 1972, Mellow Records (Reissue), 39.42 min)
01. Crisi Suite (20:27)
02. Anche Se Ho Sbagliato (2:56)
03. Un Bambino (3:55)
04. Il Campanile Della Cattedrale (3:58)
05. L'Anima Nuda (2:24)
06. Giochiamo Insieme (2:49)
07. La Tua Pelle Scotta (3:00)
Diese CD aus Italien offeriert auf den ersten zwanzig Minuten, einstmals der ersten LP Seite, schönen Progrock mit klassischen und jazzigen Elementen, hauptsächlich allerdings von klassischen Themen beeinflusst. Die zwanzigminütige"Crisi suite" eröffnet spannungsgeladen den bunten Reigen mit in alter Orgelmusik wurzelnden Läufen, geht in eine jazzige Passage über, die sich in einen eher getragenen Part mit emotional exaltiertem Gesang auflöst. Danach wird es flott und progrockig, relativ wild sogar, bevor wieder jazzige Läufe zu einem recht dunklen, romantischen Ende führen. Der zweite Teil der Suite ist ein recht flott beginnendes Stück. Orgelpop der fröhlichen Sorte mit einer unüberhörbaren Melancholie, italienische Barockklassik und dann ein verträumtes dahinschlendern im psychedelischen Mainstreampop machen ihn aus. Die Gesangsparts sind wieder sehr gefühlsbetont, urtypisch für italienische Pop und Rock Musik der 60er und 70er. Wunderschöne Orgelläufe geben den Solopart. Es berührt einen zutiefst. Immer wieder kommen diese verspielten Barockelemente, man erkennt Johann Sebastian Bach als großes Vorbild. Sie werden verrockt im Stile von ELP, TRACE oder EKSEPTION, aber mit dem ureigenen italienischen Charme. Ein Schlagzeugsolo leitet den dritten Abschnitt ein, schön hypnotisch, wild, wie ein ritueller Stammestanz. Dann orgelt der Keyboarder wieder klassisch und gleich drauf jazzig los, gibt ordentlich Tastenfeuer. Spielerisch sind die Jungs hier absolute Killer! Der Gesangspart ist sehr beseelt, ein leicht psychedelischer Soulpop mit Klassikrockbegleitung und Orgelprogeinlagen, wie er kaum bewegender sein könnte. Die Melodien stecken voller Drama und Leidenschaft. Nicht einmal "Tiger" Tom Jones hätte das so gigantisch hinbekommen. Weiter geht es mit "Anche Se Ho Sbagliato", welches sich als italienisch sprachige Version des alten RATTLES Smashers "You can't have sunshine every day" entpuppt, von deren 1970er "The witch" Album, sprich aus ihrer psychedelisch - hardrockigen Phase. Und so ist es auch, Pop zwar, aber mit zerrigen Gitarren und psychedelischem Ausdruck. Ein schöner Soulblues, elegisch mit feinen Orgeln und wieder diesen dramatischen, gefühlsüberfrachteten Gesangslinien folgt auf dem Fuße. Etwas verspielter ist "Il Campanile Della Cattedrale", eher ein getragener Orgelrock zwischen Melancholie und Fröhlichkeit, bei dem das Schlagzeug eine Menge Groove zaubert und schön herumwirbelt. Bei "L'Anima Nuda" hat man eine düsteren Blues auf Italienisch mit einigen Gitarren, der sich in einen wilden Acidrocker hineinsteigert, aber genau da dann ausgeblendet wird. Schade drum. Aber sehr düster bleibt es, düster, traurig, bis der Song "Giochiamo Insieme" in einen komischen Schlagerbeat umschlägt. Zumindest für den Refrain, die Strophe trieft vor Melancholie. Geil an diesem Stück sind in den Strophen die Bassläufe und das Orgelspiel. Der Refrain lässt sich ertragen. Ich befürchte irgendwie, dass die Jungens das sogar ernst meinten. Sowas hätte sich in Krautland Roy Black getraut, aber keine Rockgruppe. Nun gut, was bietet der krönende Abschluss? Es scheint ein schneller, poppiger, peppiger Acidrock zu sein mit kratziger Gitarre, dramatisch wirkenden Gesangsläufen und sehr viel Gefühl. Der zweite Teil des Songs ist fröhlicher 60er Sunshine Pop, der dritte Part eher peacig und getragen, steigert sich aber und führt wieder zurück zum zweiten Teil. Dann ein wildes Orgelgeflippe und Acidrockdonnern, aber erneut wird alles ausgeblendet. Mist. Hätten sie das etwas länger laufen lassen, wäre die Scheibe eventuell 45 Minuten statt nur 40. Aber egal, ich meckere nicht, garantiert nicht. Alles in allem wegen der langen Suite und den guten Popsongs ein Album für 70er Fans, die Prog, Beat und Acidrock mögen. 80/100

Kommentare

Andreas hat gesagt…
Hey, Alter, hier ist die wahre vergessene Stimme des Nordens! Québec calls Schleswig :-)
Dein Blog ist klasse; wir liegen verdammt auf einer Wellenlänge. Im August bin ich wieder in D-Land, wir sollten uns mal treffen! Du wolltest mir immer noch was von deiner Band zukommen lassen.

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