Baalmoral (Lüneburg) Alte Schlachterei, Glückstadt, 27.02.2010


Ich wusste nicht, auf was ich mich da einlasse, aber ich wollte das Risiko eingehen. Wenn Veranstalter Christoph schon eine Blackmetalband gen "Schlachte" holt, dann weiß ich, dass diese Hand, Fuss und geile Songs bereitliegen haben muss. So denne, komme was wolle, ich schau mir BAALMORAL aus Lüneburg an. Der machtvolle Lehrmeister Syre(Leadgitarre) hat seine getreuen Schüler Thorius (Bass), Duke (Rhythmusgitarre), seinen Höllenbruder Sordrak, sowie die von ihm geschaffene, in menschliche Form gewandete und sich stets hochachtungsvoll daneben benehmende Biervernichtungs - und Rhythmusmaschine Heimdall eingepackt, um damit unsere so beschauliche Kleinstadt wie eine Horde Hunnen zu überrennen, zu plündern und zu brandschatzen. Als freiwillige Helfer standen ihm zudem noch seine holde Ehegattin, ein seine mit Blackmetalpatches übersähte Lederjacke voller Stolz tragender Warrior, der sich als Marcel vorstellte und ein dritter, etwas älterer und dennoch diesem Kriegerkollektiv voll phosphorisierender Inbrunst dienender Kamerad zur Seite, welche sich um Equipment, Merchandise und Eintritt sorgten. Gesagt, getan, enterte ich also in Begleitung einiger Waffenbrüder die bereits rötlich von Feuerschein ausgeleuchtete und nach Schwefel duftende Alte Schlachterei Glückstadt, um des Irrsinns gewahr zu werden, der uns da nun erwartete. Zuerst betraten fünf junge Burschen, den Platz neben der Fronteingangstür, der bei Konzerten als Bühne dient, schnallten sich ihre Instrumente um und legten los. Blackmetal mit keifigen, zuweilen auch tief grollenden Vocals vereinte sich hierbei mit rasanten Melodien, die nicht selten sehr eingängig und vor allem einprägsam waren. Die Passagen wurden oft und gerne, dabei immer passend zur Stimmung gewechselt, die von purem Hass in tiefe, nekromantische Schwermütigkeit und weiter voran in eine kampfeslustige Entschlossenheit umschlug. Drummer Heimdall entpuppte sich dabei als wildes Arbeitstier, schlug sehr ausdauernd und auf Abwechslung bedacht die Felle und Becken, meisterte eine Menge Parts, die man schon als verwinkelt bezeichnen konnte mit einer ungeheuren Lässigkeit und überschäumender jugendlicher Frische. Der sympathische kleine Mann, gerade mal 19 Jahre jung, hat wohl noch eine lange Karriere als Schlagzeuger vor sich und ich bekomme Angst, wenn ich dran denke, wie gut er bereits jetzt ist. Basser Thorius schien eher so der stille Typ zu sein, schaute ab und zu boshaftigst drein, zupfte ansonsten einen soliden Bassteppich, welcher den feurigen Riffs von Syre und Duke als Startrampe diente. Ich kannte zwar nicht einen Song vorher, war aber beim Abchecken der Stücke auf Myspace überrascht, wie groß der Wiedererkennungswert der durchaus verspielten Kompositionen aus der Feder von Bandleader Syre doch ist. Respekt. Ja, der Syre, der gab sich als sympathischer Brillenträger und gutmütig dreinblickender Bandvater (mit fast 37 Lenzen könnte er zumindest bei frühem Anfang Heimdalls alter Herr sein), liess aber das Griffbrett qualmen und die Saiten glühen, gerade bei seinen oft hochmelodischen, mitreißenden Leitharmonien und ungezähmten, dennoch stets kontrollierten Soli. Melodien sind eh ganz groß bei den Jungs. Das macht die 80er Jahre Verwurzelung von Syre, er ist der Metalmaster. Die zuweilen technisch anspruchsvoller gestalteten Stücke bereiteten der Band keine Schwierigkeiten, allen Anwesenden jedoch spürbar Spaß. Frontsau Sordrak legte sich reichlich ins Zeug, den instrumentalen Darbietungen mit seiner abartigen Stimme, in Studioaufnahme dem Knurren des frühen Jiri Valter (aka Big Boss / ROOT) nicht unähnlich, das letzte Fünkchen Irrsinn einzuhauchen, um die Menge vollkommen aus der Fassung zu bringen. Seiner Bitte, es mögen sich doch Headbanger in die erste Reihe trauen und ihre Matte schütteln, konnte ich daher auch nicht widerstehen. Ab dem dritten oder vierten Stück hielt der Verfasser dieser Zeilen dann in der "Frontrow" zwischen Theke und "Bühnenrand" (das sind in der Alten Schlachterei ohnehin leicht verschwommene Grenzen, Grauzonen des Musizierens in einer Kneipe halt)die Fahne der schweren Beatmusik in eine alte Kutte gewandet hoch, obschon so langsam meine metallenen Gebrüder hinter mir zum Leben erwachten und ihrerseits die Rüben kreisen ließen. Einfach war das nicht immer, gerade wenn Heimdall wieder verwegen in den Offbeat ging (das passierte bei einigen schwierigeren Passagen ein - oder zweimal). Ich mag schräge Rhythmen unter vermeintlich schnurgeraden Songs. Cat Confusing, you know? "Angels of prey", das jüngste Stück im Repertoire der Lüneburger wurde dann beinahe zum bandeigenen Waterloo, als Syre, das melodische Intro spielend, inmitten des Songwustes einfach raus war und ein Neustart getan werden musste. Mit leicht gequältem Lächeln ackerte sich der gute Mann noch das eine ums andere Mal durch die wohl zu frischen Strukturen der Komposition, meisterte sie jedoch mit Bravour. Nun, welcher der anwesenden Banger war schon so gut mit dem Material vertraut, dass "Irrlaufimprovisationen" und "Gastnoten" wirklich aufgefallen wären? Aber egal, souverän zockten sich BAALMORAL erneut in furiose Rage, dass das Schwitzwasser sämtliche Fensterscheiben zur Straße hin undurchsichtig werden ließ. Hier wurde an diesem Abend wahrlich die Hölle entfesselt. Acht Songs für die Ewigkeit wollten die Jungs uns kredenzen, zwei Stück mussten sie in der Tat wiederholen, da das nach schwarzer Metallschmiedekunst lechzende Publikum, nicht nur aus langmähnigen Jungspunden bestehend, ihnen durch stehende Ovationen zu verstehen gab, dass noch nicht Schluss sein durfte. Nun, der reguläre Konzertteil des Abends war abgeschlossen und erfüllt mit einer sehr intensiven Zufriedenheit wollte ich mir die Band doch einmal persönlich zur Brust nehmen. Es kam zu stundenlangen Gesprächen, gerade mit Syre, mit dem man doch einige Berührungspunkte in Sachen Musik und Bekanntschaften hatte. Auch der eigentlich stille Basser entpuppte sich als sehr sympathischer Freak. Neben viel leckerem Bier (ich bedanke mich hiermit bei Bernd und Martin dafür, mich mit dem köstlichen Nass beschenkt zu haben...ich revanchier mich BALD)gab es noch in einer Stillen Minute ausser Haus eine lustige Kräuterzigarette mit den BAALMORAL Burschen nebst Roadcrew in einer wenig einsehbaren Ecke der Stadt. Ja, einen gelungeneren Abend konnte man eigentlich gar nicht gehabt haben. Umso schwerer fiel dann der Abschied für mich, doch das Bett und am nachfolgenden Sonntag ein Job als Flugblattverteiler auf einer Gesundheitsmesse forderten meine Heimkehr. Ich hoffe sehr, dass BAALMORAL ihr Versprechen einlösen, uns bald wieder in Grund und Boden zu rocken, dann endlich mit ihrer Debüt EP (sieben Songs, knapp über 30 Minuten Spielzeit) im Gepäck. Wer auf eigenwilligen, extremen Metal mit Anleihen aus Black -, Doom -, Heavy - und Thrashmetal steht, der kann hier nichts verkehrt machen, rein gar nichts. Top Empfehlung und live ein Hochgenuss!

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