SAUTRUS - Reed: Chapter 1



(Pink Tank Records, 2014, 34.11 min)
01. RICOCHET
02. THE KNURR
03. DUMBLEDORE
04. KUELMAGGAH PART 2
05. IOMI IOMI
06. FA`YKA YE`VE DOMOO
07. LOSAO
08. SUENTIST

Es ist kein Wunder, dass ich den Sänger dieser polnischen Nachwuchshoffnung in Sachen Psyche / Stoner / Wüstenheavyrock bei einem CHURCH OF MISERY Konzert in Hamburg in Begleitung seines Labelchefs und einiger Freunde persönlich kennenlernen durfte. Auch wenn die japanische Doomkapelle um einiges heavier als die Polen ist, eine spirituelle Verwandtschaft ist da und sie lässt sich auf den klassischen 70s Heavyrock zurückführen.

So finden sich bei SAUTRUS auf "Reed: Chapter 1", jetzt endlich auch als Vinyl erhältlich, natürlich klassische Motive, die mich an Bands von BLACK SABBATH über HAWKWIND bis GRAND FUNK RAILROAD denken lassen, aber auch sie haben eine moderne Kante dabei, einen metallischen Einschlag, eine sehr scharfkantige Präzision, welche das psychedelische Umherschweben in sehr direkte Bahnen lenkt, die sich auf der Stelle mit Deinem Nervensystem verknüpfen und Dich ohne Umwege in einen Rausch der Klänge, der Farben aus der inneren Welt und der Bewegung versetzen.

Mit sägender, surrender Gitarre und einem langsam hineinwirbelnden Schlagzeug, welches sich in seiner Power immer weiter steigert, beginnt der bunte Reigen als Song "Ricochet". Klassischer Blueshardrock mit Shuffle Rhythmus, eine erdige, aber gute Melodie und ein Refrain mit tänzelnden Beats und packender Gitarrenlinie kommt zum Tragen. Im Mittelteil gibt es später ein heißes, melodisches Solo auf hartem Shufflebeat, dann eine kurze psychedelisch wirkende Passage mit heruntergefahrener Power und wieder einen treibenden Part mit entschlossen wirkendem Gesang. Feiner Stoff.

Quietschend, knarrend und brummend stellt sich "The knurr" der Weltöffentlichkeit vor. Die tosenden Gitarren auf wirbeldem, wogendem Rhythmus singen eine betörend mystische Melodie, gehen dann mit dem Schlagzeug und Bass in einen entspannten Stakkatogroove und geraten sehr nahe an den aktuellen Metal, worüber aber Sänger Weno eine schöne beschwörende Gesangsmelodie mit psychedelischem Effekt legt. Dem neuen, sehr dunklen Metalsound stellen SAUTRUS hier immer wieder klassische Hardrockläufe entgegen, wobei der maschinenhafte Gesamtsound überwiegt und dem Stück einen Ausdruck von futuristischer Kühle verleiht. Sehr massiv und schön.

"Dumbledore" ist ein kurzes Instrumental, ähnlich wie "Fluff" auf der "Sabbath bloody sabbath" LP von BLACK SABBATH. Melodisch, wunderschön und den Hörer in einen Zustand von Gespanntheit auf den nächsten Song versetzend. Die Ruhe vor der absoluten Geistesapokalypse.

Und die kommt mit "Kuelmaggah Part. 2". Der Titel ist schräg, der Song an sich durch seinen fein verwobenen Schlagzeug und Percussion Teppich absolut groovy und hypnotisch, woran sich Bass und Gitarre orientieren. Letztere rifft sich extrem heavy über die Rhythmen und gibt der textlos singenden Stimme Raum, die Sinne des Hörers einzuspinnen. Bruch. Psychedelicbluesrock der getragenen Sorte tritt ins Bild, steigert sich aber wieder hin zu diesem hypnotisierenden Spacerock der Eingangspassage und bricht wieder ab. Man erkennt nun ein Wechselspiel aus entspannt bluesiger Strophe und spacig mystischem Refrain, der zum wilden Veitztanz einlädt. Ein potentieller Hit für die Weno und seine Jungs. Schön ist auch der Mittelteil mit feinen psychedelischen Soli sehr brodelnder Natur, einigen kantigen Riffs, und einem steten alles in seinen Bann ziehenden Rhythmus. Der Song entschwindet dann zum Abschluss der LP ins Nichts des Weltalls hinaus. Perfekt.

"Iomi, Iomi" mag eine Hommage an den SABBATH Chef sein, der würde sich aber mit zwei M schreiben. Egal. Hardrock klassischer 70er Bauart, sehr SABBATHig in der Tat, mit coolen Shufflebeat, feiner, typischer Gesangsmelodie, sehr kräftigem Metalsound bei den Gitarren in der Strophe und schönen, entspannt tänzelnden psychedelischen Parts wird geboten. Der Gesamtklang ist modern, ist Stoner und doch sind die Wurzeln der Band vollkommen klar. Cooler, innovationsbefreiter, aber einfach leidenschaftlicher Song. "Fa`yka ye`ve domoo" klingt afrikanisch und könnte ein von John Coltrane erfundener Freejazz Jam auf einer seiner späten Platten gewesen sein. Nee, ist von SAUTRUS, eine psychedelische Instrumentalnummer, wieder sehr kurz und bündig, eine kleine Ruhephase für die Seele. Die Orgel über den Percussions ist schön.

"Losao" geht dann als klassischer Doom durch. CANDLEMASS auf schmutzig würde passen. Epische Melodien verzaubern Dich, während die Gitarren Dich mit Wüstendreck überziehen. Der Refrain rockt und groovt dann eher dirty umher und bringt "Losao" zurück zum Stonersound. Tja, beide Stile sind verwandt, haben denselben Ursprung und können sogar locker verbunden werden. Die TRUE Fraktion mag Regenbögen kotzen vor sardonischem Zorn, ich liebe es. Ein cool rockender Solopart mit die Sinne zerbröselnder Leadgitarre fügt sich locker ein und steigert die Freude an diesem Monster noch.

Soll ich noch Vergleiche ziehen? Ich meine, Du kannst vielleicht keine neuen Tonfolgen mehr komponieren und Du kannst auch nur noch über Dein eigenes Antlitz gehen, einem Song etwas von Dir zu verleihen, aber es lohnt sich auf jeden Fall und auch wenn ich immer an ORANGE GOBLIN denken muss, so soll dies für SAUTRUS ein Kompliment sein, da sie wiederum grob mit den Engländern auf einer Linie stehen, aber ihr Ding auf ihre Weise durchziehen. Respekt.

Schön ruhig, zutiefst mystisch und mit unirdischem Zauber eht "Suentist" los, das große Finale des Albums. Ein paar Heavypassagen später kommt man zu einer Strophe, die eine tief berührende Melodie offenbart. Wieder geht es auf Heavyrock zurück und von dort erneut in den sanften, verträumten Psychedelic, wobei sich die Strophe in ihrer instrumentalen Intensität stetig bis zur Eruption steigert. Spacerock, Doom und Psychedelic Heavyrock geben sich hier die Klinke in die Hand. Die Musik klingt magisch, hat aber einen fiebrigen, leidenschaftlichen, sexuell anregenden Ausdruck, einen Aspekt physischer Lust und Sinnesfreude. Die Wechsel zwischen dem sehr direkten und kraftvollen Klang und dem Raum nach Hinten in die Tiefe der Sinne verschaffenden Psychedelicrock wirbeln Dich als Hörer emotional umher. Aber das ist gut. Verharren bedeutet den Tod.

Eine schöne Platte, die ihr Geld wert ist und die mir Vertrauen zum aktuellen Undergroundrock schenkt, mehr Vertrauen noch als ich es eigentlich schon habe. Bands wie SAUTRUS, OPERATORS, BONE MAN und LIBIDO FUZZ haben mich auf ihre ureigene Weise davon überzeugt, dass klassischer harter Rock auch nach über 40 Jahren und diversen Inkarnationen noch verflixt frisch und inspirierend klingen kann. Absolute Kaufempfehlung.

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