Steel Raiser - Race of steel (Pure Steel Records 2008)

(2008, Italien, Pure Steel Records, 39.51 Minuten
01. Ride the fire
02. Race of steel
03. Dragon battalion
04. Rising into the night
05. Princess of Babylon
06. Roar of revenge
07. Gloria perpetua
08. The night
09. Gears of war
10. Evil's revenge

Mit einer heulenden Luftschutzsirene startet das Debütalbum der italienischen Headbanger STEEL RAISER in die erste Runde. Rasanter Heavy Metal mit schön aggressiver Gitarrenarbeit und kratzig - charmanten Vocals wird geboten. Urbritische Elemente möchte man sagen. Der Refrain ist dann etwas eigenwillig, fast schon zu fröhlich gehalten, wobei die infernalische Wucht der wilden Soli und boshaften Riffs überwiegt. Ich kann nicht sagen, an wen mich der Chorus speziell erinnern will, aber es ist irgendeine deutsche Band. Nichts dagegen zu sagen natürlich. Schöner, flotter Opener! Auch der zweite Song ist ein sehr kräftiges Stück Metal, der Gesang eine schrille Mischung aus Udo Dirkschneider und Peavey Wagner von RAGE, die Melodien könnten ebenfalls von der Stahlschmiede aus Herne stammen, während das instrumentale Grundgerüst nach wie vor den Biss einer britischen Kampfbulldogge besitzt. Was zuerst eventuell ein wenig aneckt, entpuppt sich als angenehm orthodoxer und doch frisch und wütend klingender 80er Sound mit zwar wohlvertraut wirkenden Zutaten, die sich aber nicht ausgelutscht anhören. Und nun wird wieder ein wenig die Geschwindigkeit gedrosselt, dafür sägen und donnern die Gitarren wundervoll harte Riffs aus den Boxen und die Gesangsmelodie ist gewaltig. Ich höre dezenten Keyboardbombast, welcher den Song aber majestätischer tönen lässt und ihn nicht verwässert. ACCEPT hatten auf "Metal heart" ähnliche, für meine Ohren passende Stilistika angewendet. Der Shouter dieser Band war früher einmal mitglied bei NOBLE SAVAGE, die vor einiger Zeit ein beachtliches, sehr heroisches Debütalbum veröffentlichten. STEEL RAISER stehen der Ex Band ihres Chefs nicht nach. Der Mix aus Briten - und Teutonenmetal passt hervorragend und sollte einigen alteingesessenen Deutschmetalkapellen den Weg zur Hintertür der Metalszene weisen, wo die Rockerrente auf sie wartet. Gerade die Sologitarre fetzt, jault, blitzt und explodiert, als würde sie von einem Besessenen bearbeitet. Nun, wer sich so innovationsfreier Musik verschrieben hat, benötigt ein gewisses Maß an Wahnsinn, um den Sound auch prachtvoll und mitreißend zu gestalten. STEEL RAISER machen das auf ihre Art. Nach wenigen Hördurchläufen bleiben die Songs kleben und bekommen langsam ihr Gesicht. Natürlich sind sie stilistisch ein tausendfach vorher herunterexerziertes Geschehen, aber mit dem nötigen Charisma versehen, können auch solche Stücke noch sehr unterhaltsam sein. Eine erste Kulthymne ist das stampfende, dunkle "Princess of Babylon". Hier hört man natürlich den im Grunde schrecklichen Akzent des Sängers, aber das ist gleich, der Song wird mit großer Leidenschaft zelebriert. 80er Heavymetal und ein paar für die damalige Zeit kommerziellere Hardrockelemente, fast möchte ich an DIO oder RAINBOW denken (wohl wegen "Babylon"), geben dem Stück seine Schmissigkeit. Und mal ehrlich, dieser Gesang ist wirklich zu dreckig und rauh für eine Radiochartshow, auch in den späten 80ern. Schöne Leadgitarrenharmonien und mit ihnen einhergehende Keyboards runden den Song ab. Man kann sich als alter Metalrecke also wieder richtig schön in guter Musik suhlen, ohne befürchten zu müssen, hier mit unschönen Modernisierungen konfrontiert zu werden. Genau wie in der Industrie Modernisierungen Arbeitsplätze kosten, kosten sie im Metal Magie und Kultfeeling, machen Heavy Metal also unbrauchbar. Das schreit nach Rache! Und so heißt auch der aggressive Song, der Babylons Prinzessin auf dem Fuße folgt. "Roar of revenge". Schräge, aber packend zornige Strophen und ein hymnischer Refrain, der fast schon zu eingängig ist, bilden die Grundpfeiler dieses Stückes. Nun kommt noch die Vorliebe der Band für amerikanischen Powermetal hinzu. Wobei, der Refrain rockt komplett. Ich muß an osteuropäischen Metal denken und das ist ein gutes Gefühl, möchte ich sagen. Killersoli gibbet hier natürlich auch gleich am Stück. Dieses Album ist in der Tat faszinierend. Beim ersten Durchlauf hat es gefallen, dann kamen ein paar Testgänge, wo sich gravierende Schwächen auftun wollten, danach erfolgte eine magische Explosion in meiner Seele und nun steh ich drauf. Sicher, ein übergroßer Klassiker ist das hier nicht. Ich vergleiche es mit der "Kingdom of the kings" LP der griechischen Metalheads CRUSH von 1993. Komplett orthodox, eigenwillig, von meterdicken Scheuklappen den potentiellen Einflüssen von außen entzogen, aber geil. Mit "Gloria perpetua" haben sie dann eine absolute Bombasthymne geschaffen, die VIRGIN STEELE erblassen lassen sollte. Ein Refrain so aggressiv und gigantisch, daß es den Banger mit Matte auf Dauerrotation glatt aus den Latschen fegt. Die Keyboards sind gerade richtig dosiert, während Riffs und Leads eine majestätische Melodienlandschaft kreieren. Dieses Stück malt in der Tat Bilder von gewaltigen Schlachten in der italienischen Hochebene. Das hat durchaus Titt! Der südländische Hang zum Pomp wird hiernach durchaus noch deutlicher, die Songs an sich behalten trotzdem eine angenehme Bodenhaftung. Wie gesagt, ein Klassiker ist es nicht, aber eine frische, unterhaltsame Heavy Metal Scheibe, die man haben kann. Ich würde dieses Album gegenüber den meisten aktuellen Produktionen bevorzugen, weil es gerade kompositorisch das nötige Charisma besitzt und die Musiker mit Hingabe und Leidenschaft bei der Sache sind.



84/100

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