WHILE HEAVEN WEPT - Sorrow of the angels



(1999, Eibon Records, 39.00 min, USA)
01. Thus With a Kiss I Die
02. Into the Wells of Sorrow
03. The Death of Love
04. September
Ich spüre noch heute, über zehn Jahre danach diesen unglaublich tiefen Schmerz, der mich 1999 durchfuhr, als ich mir bewusst wurde, meine größte Liebe und mit ihr einen der wundervollsten Menschen, die je an meiner Seite waren, verloren zu haben. Die Nächte wurden dunkler, die Sonne wollte an meinem Horizont nicht mehr scheinen, bis ich eines Tages eine merkwürdig aussehende CD mit extrem lilavioletten Cover (schönes Digipack) in die Hände bekam und überwältigt wurde von der unheimlich intensiven Traurigkeit der Musik und gleichsam ihrer heilenden, Trost spendenden Berührung meiner Sinne. Ich kannte WHILE HEAVEN WEPT von ihrer "Lovesongs of the forsaken" EP, die ich seit zwei oder drei Jahren besaß. Einer obskuren, verregneten Scheibe, auf der die Band jedoch noch nicht den letzten Schritt getan hatte. Hier war es nun soweit. Der Gitarrensound druckvoll, die Keyboardarbeit opulent symphonisch, ohne die Musik annähernd zu verwässern. Der Klang transparent und die Darbietung nicht ohne Anspruch. Mastermind Tom Phillips sang mit unheimlicher Intensität, man spürte aus jeder gesungenen Note heraus, wieviel Leid und Schmerz in dem jungen Mann stecken mußte. Auch er hatte die Liebe zu einem der Brustträger mit bitteren Tränen bezahlen sollen, jedoch erwuchs aus ihm eine ungeheure Kreativität. Sogleich wird man von der Musik in einen tiefen Schlund gerissen, das siebzehnminütige "Thus with a kiss I die" eröffnet einem die bis heute gültige komplette Klangwelt von WHILE HEAVEN WEPT. Ein mehrminütiges, schleppendes Wehklagen von erdrückender Schwere eröffnet den Song, gesungen mit Inbrunst, gespielt mit einer kaum zu zähmenden Leidenschaft und Melodien so unirdisch schön, dass die Herrschaft über die Gefühle beim Eintauchen in dieses Stück verloren gehen dürfte. Die Leadgitarren von Tom Phillips gehen gar nicht mehr. Nach einer Weile setzt die übermenschliche Schwere des Doommetals aus, ein akustischer Gitarrenlauf mit schwebender Leadgitarre darüber ergreift Dich und wringt Deine Seele buchstäblich aus, nun darfst Du weinen, vor Schmerz, vor Lebenslust, vor Freude, vor Leidenschaft und tiefster Liebe. Und schon schleppt sich dieses symphonische Urzeitdoommonster weiter voran. Schon 1999 konnte man die Einflüsse gut festmachen und eine Menge deutscher Symphonikhardrocker wie ELOY, JANE und RAMSES als Inspirationsgeber identifizieren. Aus dem Doom heraus explodiert der Song in einen treibenden Metal, der im weiteren Verlauf immer verwinkelter und progressiver verläuft, dann in einen nachdenklich gestimmten, von Melancholie durchtränkten Part mit akustischer Gitarrenlinie und schwebenden Synthies mündet, der epische bis neoproggige Wege geht und im gebannt lauschenden, der Musik bereits jetzt restlos verfallenen Doomster Fragen aufwirft. Nicht nach der Musik, es sind emotionale Fragen, die nur ein jeder für sich selbst beantworten kann. Aus dem progressiven Rock heraus kehrt der Doommetal heim mit großen Gitarrenmelodien. Kurz nur währt dann eine akustische Überleitung, dann wird es majestätisch, als man nämlich „Into the wells of sorrow“ eintaucht. Das Keyboard wird zur überwältigenden Kirchenorgel, der Song an sich schleppt sich waidwund und mehr resigniert als verzweifelt durch die Dunkelheit und Tom singt mit einem ungeheuren Schmerz. War im vorherigen Longtrack noch ein Fünkchen Euphorie zu spüren, als es progressiver zur Sache ging, so ist diese Komposition durchgehend traurig. Eine Art Trauer ist es, die man wohl kurz vor dem eigenen Tod verspürt, der einen dann ereilt, wenn man nicht länger mit dem Verlust einer Liebe, eines unersetzbaren Menschen leben kann. Und doch spendet dieses Stück gerade in der Solopassage einen ungeheuren Trost, als teilten sich die schwarzen Wolken am Himmel und Sonnenstrahlen würden für einen Moment den Regen durchbrechen, damit sie Dir einen liebevollen Kuss auf die Stirn hauchen können. Auch hier wird es ein wenig treibender im weiteren Verlauf, wo Einflüsse barocker Klassik in ein Metalgewand gekleidet werden, ohne dass Tom an der Gitarre aber ins Fiedeln gerät. Eine sanfte Akustikpassage führt das Stück weiter voran, man hört Wassergeplätscher und es erscheint eine neue Akustikpassage, die eine sehr prägnante Melodie mit sich bringt, bevor „The death of love“, einer der emotionalsten und traurigsten, in dieser Trauer aber auch aufgewühltesten und zornigsten Songs aller Zeiten losmarschiert gleich einer Begräbnisprozession. Einige verspieltere Momente finden sich auch hier im mittleren Teil wieder. Das Stück an sich ist höchst einprägsam, wie alle Songs des Albums. Vielleicht bin ich es nur, der diese Empfindungen verspürt, habe ich mich doch damals ganz intensiv in den großen Melodien gesuhlt, um meine Trauer abzuspülen. Zu schön. Ich finde die Transparenz des Gesamtklangs sehr schön, man hört jeden einzelnen Basslauf durch die wuchtigen Klangmauern brummen, welche Keyboard und Gitarre aufbauen. „The death of love“ mag übrigens extrem traurig sein, aber es ist ein hoffnungsvoller Song, eine Hymne an die Lebensfreude, so merkwürdig das auch klingen mag, aber bei WHILE HEAVEN WEPT muss man stets um die Ecke denken. Auf den Alben „Of empires forlorn“ und „Vast oceans lachrymose“ finden sich wohl noch mehr Elemente progressiver und symphonischer Rockmusik, aber auch hier auf dem Debütalbum waren diese Momente vorhanden. Versöhnlich wird es übrigens im abschließenden kurzen Instrumentalsong, der wie in Noten gefasste Sonnenstrahlen klingt, so friedvoll, ohne Trauer, frei von Schmerz. Als habe man seine Liebe wiedergefunden, im jenseitigen Reich. Nun, nachdem dieses wunderbare Album für einige Jahre nicht erhältlich gewesen ist, hat sich das italienische Cruz Del Sur Label erbarmt und uns als Nachschlag zum aktuellen Meisterwerk (und welches WHW Album ist kein eternales Meisterwerk?) die ersten beiden Scheibchen nachgelegt. In Deutschland gibt es „Of empires forlorn“ und „Sorrow of the angels“ bei Hellion Records.

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