VERGESSENE JUWELEN: BREAKER (CAN) - In days of heavy metal (1982)




(Iron Head, Kanada, 1982)
01) Livin' free
02) Satan's lyre
03) Easy rider
04) In days of heavy metal

Heavy Metal ist für mich durchaus mehr als nur Musik, es ist für mich Lebensphilosophie und irgendwo auch ein quasireligiöser Kult mit anbetungswürdigen Fetischen, einer gewaltigen Menge an Propheten und Heiligen, einer großen Spiritualität und fantasievollem Weltbild. Die Welt des Heavy Metal und ihr Lebensstil sind geprägt von Heldentum, Mut, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Leidenschaft und großer Liebe zum Leben und zu den Gleichgesinnten. Die Elite des freien Daseins sozusagen, die Macht des Fußvolkes, eine Welt, in der tyrannischen Herrschern Paroli geboten wird und wo die stählernen Ritter noch ehrenhafte Kerle sind. Hier leben auch Amazonen und in Leder und Jeans gewandete Strassenkämpfer, deren hehres Ziel es ist, den Gedanken der Freiheit und des erfüllten Lebens in der Welt fest zu verankern.

Was für eine Einleitung, liebe Freunde, aber manchmal überkommt es mich. Gerade bei einer Band wie BREAKER aus Kanada, welche von allen drei mir bekannten BREAKER Bands meine liebste ist. Natürlich sind die US BREAKER aus Cleveland mit ihrem "Get tough" Album und ihren weiteren Veröffentlichungen eine Macht, natürlich sind die deutschen BREAKER mit "Dead rider" eine coole Truppe, aber die ungeschlagene Nr. 1 sind die Kanadier mit ihrer Mini LP von 1982. 23 Minuten Heavy Metal mit rockendem Einschlag und unvergleichlichen Melodien, die sich nach wenigen Durchläufen förmlich in der Seele festgebissen haben und bei jedem Hören einen Cocktail aus Glückshormonen und Adrenalin in den Körper des Headbangers jagen, während er die mächtigen, packenden Refrains aller Stücke laut mitsingt.

Es beginnt mit "Livin'free", einer Akkordfolge, einem galloppierenden, sich langsam steigernden Rhythmus und einer aufwühlenden, machtvollen instrumentalen Einleitung. Die Strophe wird von klaren Gitarren und einer schönen Gesangslinie begonnen, im zweiten Teil dann kräftiger und geht ohne Bridge in einen Refrain über, der Dich als Hörer in ein wunderschönes Chaos der Gefühle stürzen wird. Dieser kantige, eingängige Rocker gehört wohl zu den großartigsten Heavy Metal Hymnen aller Zeiten. Der Mittelteil wird auf treibendem Grundrhythmus förmlich zelebriert, die Solopassage bekommt eine schöne Einleitung mit "Ohohooo" Chören, bevor der Leadgitarrist dann kurz steilgehen darf und ein solider Heavy Metal Part in eine ruhige Passage überleitet, der dann eine halbe Strophe und ein Refrain folgen.

Man ist noch ganz im Rausch, da donnert schon "Satan's lyre" aus den Boxen. Erdig, ehrlich und cool, purer Heavy Metal Rock, unkompliziert und auf den Punkt gespielt. Der Refrain ist ebenso direkt und einfach, aber absolut treffsicher. Das Solo ist feurig, wild, steckt voller ungezähmter Lust, was natürlich dem diabolischen Thema des Textes entspricht. Satan steht hier stellvertretend für brodelnde Lebenslust und das drückt der Song auch aus. Sämtliche SAXONS, JUDAS PRIESTS, ACCEPTS und sonstige Anführer der HM Band Community im wirtschaftlichen Sinne haben hier eine ebenbürtige Undergroundband im Nacken.

Entschlossen rockt dann im etwas forscheren Shuffle Rhythmus "Easy rider" durch die Heimstatt des Headbangers. Die Strophe hat eine einfache, aber packende Struktur, der Refrain ist etwas ausladender, mit einem "Easy Rider" im Chor gesungen und einer Antwort des Leadsängers mit längerem Text. Sehr schön gemacht. Die Solopassage ist wieder straight, das intensive, brodelnde Gitarreninferno liegt auf einem Grund aus rollenden Drumtriolen. Die Band ist perfekt eingespielt. Der allgemeine Klang ist rau und sehr höhenlastig, was allerdings nur noch mehr zum bodenständig ehrlichen Charme der Musik beiträgt.

BREAKER schreiben Stücke für die Ewigkeit, eternale Hymnen des Heavy Metal, die eigentlich von einer gewaltigen Fanlegion regelrecht verschlungen werden müssten und sich bestens auf SAXONS ein Jahr zuvor erschienenem Meilenstein "Denim and leather" oder RIOTS "Narita" und "Fire down under" Klassikern gemacht hätten. Nichts da, BREAKER verschwanden und wurden nur noch von Raritätenjägern als Tresorfutter bei findigen Händlern erstanden, wenn denn die EP überhaupt noch auftauchte. Das hat mit der CULT METAL CLASSICS Reissue nun eine Wendung genommen.

Wir haben jetzt drei der vier Stücke auf der Platte, sprich die komplette A Seite, unter die Lupe genommen. Die B - Seite ist dran. In gut 11 Minuten wird hier etwas zelebriert, was als Heavy Metal Version des epischen Neoprogs von MARILLION und PALLAS durchgehen kann. Melodien aus dem altbritischen, mittelalterlichen Folk im Heavy Metal Stil gespielt, getragen im Tempo, aber kraftvoll im Ausdruck sind die Eröffnung dieser epischen Bombe. Dann stapft der Rhythmus, während Gitarren und Bass dezent galloppieren. Darüber liegt eine mitreißende Gesangslinie, so erhaben und verzaubernd, dass einem förmlich die Sinne schwinden. Ähnliches kann ich über die folgende ruhige Passage berichten, in der viele wortlose Chöre über schwebenden, jedoch wuchtig schweren Riffs und Melodien liegen. Dann ein Bruch und es wird treibender, entschlossener, wilder. Ein feuriges Solo setzt ein, immer wieder begleitet von Gesang. Dann bekommt man erneut eine dahinpreschende Heavy Metal Passage um die Ohren geknallt, auf der die Gesangslinie reitet, welche Dich förmlich durchdringt und mit sich fortzieht. Nach wie vor sind alle Abschnitte unkompliziert aufgebaut, gehen umgehend ins Ohr und ins Herz. Allein der epische Songaufbau, welcher das lange Stück mit einer spannenden Dramaturgie versieht, hat schon einen progressiven Ausdruck. Hier scheint es, als wären tatsächlich zwei Stücke zu einem verschmolzen. Nun, BREAKER machen hier keine halben Sachen, alle Übergänge der einzelnen Parts sind logisch, haben Fluss und halten den Hörer im Bann der Musik.

Mein Fazit ist, dass hier leider eine begnadete Truppe wieder komplett untergegangen ist, weil wahrscheinlich der Weg von der lokalen Bühne ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit zu weit war. Schade ist, dass die Wiederveröffentlichung keine Bonustracks und somit keine Albumlänge hat. Anscheinend war dies alles, was BREAKER jemals aufgenommen haben. Irgendwo gibt es noch eine Single von IRON HEAD, die zwei vor dieser MLP entstandene Aufnahmen beinhaltet, aber erst nachträglich 1998 unter dem Titel "Second to none" veröffentlicht wurde. Die Songs hätten sicher noch auf die Platte gepasst, wenn schon kein Demomaterial und keine vernünftigen Liveaufnahmen existieren. Nun, lieber 4 Grandiose als 8 halbgare Songs. BREAKER müssen gehört werden, die Songs der Band müssen leben. Und unter all den nach der alten Musik gierenden jungen Recken und Maiden in der neuen Heavy Metal Szene sollte sich die Mär von dieser EP im Nu herumsprechen.

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