Hemlock Exordium - ein Review aus den 90ern

Hemlock: Exordium

Bittere Tränen habe ich geweint ob der süßen Vergänglichkeit aller irdischer Schönheit. Sie erschien mir in meinen dunkelsten Stunden und brachte mir Augenblicke der höchsten Glückseligkeit, bevor sie erlosch wie eine kleine Flamme im Sturm. Sie, die sie die Schönste und Anmutigste war, der ich je gewahr wurde, sie verstarb in meinen Armen. HEMLOCK ist tot.

Diese Band schickte sich an, das Erbe Rushs anzutreten. Sie verfeinerte den von Kanadas fast einzigartigstem Trio Sound, zerbrach die verkrusteten Struckturen des Progressivrocks und trieb diese Musik zu neuen Ufern der Intensität und emotionalen Tiefe. Grob umrissen könnte der Stil als eine Songwritingsession von Mitgliedern der Bands Adramelch, Rush, My Dying Bride, Saviour Machine, Skyclad und ELP beschrieben werden. Von jedem der genannten Acts haben sich HEMLOCK vielleicht (niemand wird es nun je erfahren) eine Inspiration geben lassen, wie denn nun originelle und gut durchstrukturierte Songs mit viel Seele zu klingen haben. Niemals haben sie aber auch nur eine Sekunde bei o.g. Rockheroen abgekupfert, sondern sind immer ihrer Richtung treu geblieben. Einzigartig auf dieser Welt war diese Band.

Man nehme da nur die von einer eigenartigen Melancholie geprägte Ballade „An Acacia in September“, ein Requiem für ein geliebtes Wesen, das von ihnen ging. Sie beschreibt die Gefühle, die in solchen Augenblicken entstehen, zeigt aber auch, daß es einen Weg gibt, neuen Lebensmut zu fassen und seiner Trauer Herr zu werden. Diese Ballade wird nur noch von Greg Lake mit „C’est la vie“ getoppt und wer letzteren Song kennt, weiß, was das bedeutet.

Am Schluß des Albums erwartet den Hörer ein Trip in eine gewaltige Märchenwelt. „The Immortal Legacy“, eine über fast 20 Minuten laufende Reise durch die Träume, die ein jedes menschliches Wesen in sich birgt. Musikalisch ist der Song eine Berg - und Talfahrt, ruhige, traumwandlerische Passagen werden von bedrohlich grollenden Heavyriffs abgelöst, die kurz darauf in sich zusammenfallen und wieder in schwebende, sanfte Momente übergleiten. Dieser Song wäre wunderbar zur musikalischen Untermalung des Filmes zu „Ronja Räubertochter“ geeignet gewesen, kam dazu aber leider 10 Jahre zu spät. Nevermind. Wer von euch ein Buch mit ähnlicher Story zur Hand hat und sich den Lesespaß mit passender Musik versüßen möchte, der sollte sich HEMLOCKS „Exordium“ CD zulegen. Alle anderen Metalheads mit Niveau und Progrocker haben die Pflicht dieser begnadeten Kombo wenigstens posthum die ihr zustehende Ehre zuteil werden zu lassen und somit die Jungs dazu zu bringen, sich zu reformieren (wieviele „ZU’S“ habe ich eigentlich im letzten Satz verbraten?).

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