SANCTA SANCTORUM - The shining darkness


(2010, Black Widow Records, Italien, 53.31)
01. The end is near
02. Black sun
03. Nothing left at all
04. Master of destruction
05. Desperate ways
06. When hopes are all gone
07. The soul of truth
08. Bread of tears
09. No expectations
10. When you die
Stefano Silvestri aka Steve Sylvester, einstmals Oberhaupt der esoterischen Heavy Metal -, später dann Elektrogoth meets Glamhardrock Kultband DEATH SS und großer 70s Progfanatiker, ist wieder dort angekommen, wo vor etwas über dreissig Jahren die Reise für ihn losging. Befreit vom engen okkult - esoterischen Korsett der (ehemaligen?) Hauptband spielen er und seine Mitstreiter, darunter Danny Hughes (Bass) und Thomas Hand Chaste (PAUL CHAIN, WITCHFIELD, Schlagzeug), zwei Recken der ersten DEATH SS Besetzung, einen ätherischen, bleischweren Doom, welcher rein klanglich die sinistere Horrorattitüde frühester DEATH SS aufgegriffen hat, aber durch psychedelische und verspieltere, am 70s Heavyprog orientierte Passagen auch Grenzen überschreitet. Der Sound ist natürlich heuer perfekt, brodelt und kocht förmlich aus den Boxen, wabert wie eine schwarzviolette Wolke in Deine Welt hinein. Diese Musik ist durchaus frisch und aktuell, auch mit dem über vierzig Jahre währenden Erbe, das sie mit sich herumschleppt. Nach dem recht futuristisch knarzenden und von der Melodie etwas modern – schrägen Einlauf gibt es mit „The end is near“ einen monströsen Doombrecher, der einerseits herrlich schwerfällig und monolithisch über Dich hinwegmarschiert, andererseits aber eine gewissen Grundeingängigkeit und sogar Hitqualitäten nicht verleugnen kann. DEATH SS lugen hier aus jeder Note hervor, nur eben in der Doomvariante. „Black sun“ könnte dann eher von Steve Sylvesters „Mad messiah“ Soloalbum sein. Eine fröhlich bunte Zaubermelodie, betörende Orgelsounds, fertig ist ein wunderbarer Popsong der späten 60er, aber mit aktueller Frische und Power zelebriert. Ein weiteres Kleinod in einer gewaltigen Sammlung grandioser Stücke. Mit dem folgenden „Nothing left at all“ wird es wieder heavy und verdammt wütend. Es ist weniger Doom im Spiel, sondern sehr wuchtiger, grooviger Hardrock mit tollen, aggressiven Orgeln und eben dem dämonischen Gesang des Meisters. Die ruppigen Melodien ergeben auch hier bald schon wieder ein sehr stimmiges, mitreißendes Gesamtbild und schenken dem Stück Hitcharakter. DEATH SS sind auch hier nicht fern, aber man merkt, dass da andere Musiker noch Mitspracherecht hatten, u.a. Thomas Hand Chaste, dessen düster – doomiges WITCHFIELD Projekt ebenfalls einen kompositorischen Einfluss hatte. Weiter geht es mit schwungvoll stampfenden und tänzelnden Rhythmen, monotonen Rhythmusgitarren, spacigen Keyboards und mächtigen Leadgitarren. Dazu kommt die rostige Stimme von Steve Sylvester, die eher erdige Melodielinien einbringt. Hier regiert für meinen Geschmack eher der Spacerock als der Doom, heavy ohne Ende reißt er Dir die Seele aus dem Leib. Gerade der Klangfreakout über den regulären Songstrukturen zum Ende des Stückes hin ist komplett wahnsinnig. „Master of destruction“ ist der Titel des Stückes. Mysteriös wird es bei „Desperate ways“, einer brodelnden Mischung aus 70er Heavypsyche, Urdoom und Horrormusik, vertreten durch die dieses Mal nicht ständig auftretende Orgel. Die Strophe ist noch zurückhaltend. Man spürt allerdings diese fast unerträgliche Spannung, als würden sich sogleich die Ereignisse überschlagen. Der Refrain dröhnt wuchtig, obschon er nicht die ganze Spannung löst, was aber durchaus so gewollt scheint. Erlösend ist der Abschnitt zum Ende hin, wo sich die Leadgitarren austoben, wo Sylvester auf den Strukturen sehr intensiv emotional abgeht, die Instrumentierung einen kochenden und dampfenden Klangmatsch ergibt. Einmal noch der Strophenteil angespielt, dann ist es vorbei. Spielen können die Jungs ja wahrlich, es ist ein Genuss, den Musikern zuzuhören, immer wieder schöne Feinheiten zu entdecken, obgleich es ja wirklich donnernder Hardrock ist, der uns hier serviert wird. Aber sie können ja auch sanft. „When hopes are all gone“ suggeriert in seiner Einleitung, dass hier eine schmerzerfüllte Verzweiflungsballade folgt, aber die Wahrheit ist noch irrsinniger. Steve Sylvester schreit mit einer Inbrunst seine Pein hinaus, wie man es gar nicht gewohnt ist, die Rhythmen torkeln eher umher wie ein waidwund geschossenes Tier, die Orgel könnte auch auf einem Begräbnis gespielt worden sein und die verzerrte und effektüberladene Gitarre dröhnt abgeflogen ihre Akkorde. Es folgt eine Passage mit gesprochenem Text auf spacigen Synthieeffekten und Gitarrendröhnen, dann geht es wieder in diesen emotional exaltierten Begräbnisdoom hinein, wobei Steve hier sehr traurig klingt und die Leadgitarre psychedelische Läufe über der schleppenden Grundstruktur ausspuckt. Es folgt ein Bruch, eine stampfende Rhythmik, der Bass wummernd wie eine Maschine, die Gitarre knarzend im Hintergrund, ein wütender Steve Sylvester darüber seinen Zorn hinausschreiend, im Hintergrund noch spacige Synties. Mit anderem Gesang hätte das hier auch von den Altmeistern HAWKWIND sein können. Die Gesangslinie bleibt kurz, es die Instrumente wabern nurmehr, dann ist es aus. Bei „The soul of truth“ erschafft zunächst die Orgel ein gewaltiges Klangbild, nicht düster, sondern eher majestätisch. Im Hintergrund sind wortlose Männerchöre zu hören. Bruch. Es groovt und rockt mit einer Schwere aus den Boxen, dass es kein Halten gibt. Verzerrte Bassläufe unterstützen als grandiose Melodien die Gitarren. Das sind durchaus moderne Anklänge, die dem Hörer zeigen sollen in welcher Zeit sich SANCTA SANCTORUM befinden. Dieser Song ist moderner Stonerhardrock mit steinalter Seele und saugt Dich regelrecht in sich auf. Ruppig und doch zugleich betörend gibt sich die Band hier. Zum Ende hin gibt es sogar wieder eine versöhnlichere, verträumt dahinfließende Passage. Fantastisch. „Bread of tears“ ist ein kurzer, grooviger Acidrocker mit übelst verzerrter Gitarre, mystischer Gesangslinie und pumpenden, hypnotischen Grooves, die sich für den Solopart etwas begradigen. Hier wird ein begnadeter Popsong geboren, der allein durch die donnernden Sounds, welche aus den Arrangements hervorquellen, die Charts verfehlen dürfte. 70er Einflüsse finden sich hier ganz offensichtlich, das fängt bei der packend gefühlvollen Gesangsmelodie an. Und so langsam komme ich drauf. Steve Sylvester mag zurück zu seinen Wurzeln geschielt haben, doch er ist noch einen Schritt weiter nach vorne gegangen, sprich, er hat sie alle irgendwie gelinkt und das auf unheimlich geniale, sehr ehrlich sympathische Weise. Doomfanatiker und Altfans der DEATH SS Band werden sich mit viel Geduld diesem Album annehmen müssen. Die Liebhaber der Elektroheavyglamrockphase von DEATH SS zum Ende hin könnten sich ebenso schwer tun, vielleicht noch schwerer, weil die Band hier wieder organische Klänge auffährt und eben mit dem alten Spirit spielt. Fakt ist, dass ein jeder freidenkende Heavyrocker mit Hang zu psychedelischen und spacigen Klängen hierauf abgehen wird. „No expectations“ ist stampfender Heavyrock, natürlich psychedelisch, hypnotisch, monolithisch und für diesen Musikerhaufen typisch ein absoluter Hit. Ich würde das Stück fast eher der WITCHFIELD Band zuordnen, aber das ist eigentlich egal, diese Zusammenkunft erleuchteter Geister schafft hier einen straighten, erhabenen Song, der Dir direkt ins Blut geht, tief in Deiner einen Flächenbrand entfacht. Die räudige Wolfsstimme von Steve Sylvester und die süßlich nach Verwesung duftenden Keyboards und Orgeln sind fantastisch. Hier wird großer Pomp aufgefahren, eigentlich, aber die erdige Produktion und diese dreckeligen Doomrockriffs wirken wie Bleigewichte, halten den Song am Boden. Und einer geht doch noch rein, oder? Ein majestätisch düsterer Stampfer, wer hätte das gedacht? BLACK SABBATH beeinflusst, also steinalter Bluesrock auf unheimlich dunkel getrimmt, gerade bei der Gesangslinie. Das ist absolut 70er tauglich. Die Orgel heult beschwörend und morbide, als wären wir auf einer Beerdigung. Steve singt mit etwas tieferer, aber weniger rostiger Stimme. Bass und Gitarren röhren infernalisch. Der Song gräbt sich Dir förmlich in alle Sinne ein. SANCTA SANCTORUM sind, wie DEATH SS schon, bohrend eingängig, dabei aber herrlich schräg und nihilistisch. Bei „When you die“ gibt es alle Trademarks beider Bands noch mal vereint. Die Leadgitarre ist grandios, brennt ein Feuerwerk ab, das sich gewaschen hat. Tolle, vom Irrsinn zerfressene Soli auf brodelnder Klanglava. Spacerock und Doom werden eins. Ich heiße Steve Sylvester und seine neue Band willkommen. Die alten und jungen Recken der italienischen Metalszene haben uns bewiesen, welche Kreativität tatsächlich noch in diesem Land steckt, abseits von der ganzen neoklassischen Bombastschiene. Tolle, auf surrealistische Weise knallbunte und doch zutiefst düstere Platte und ein Highlight für 2010 abseits der gängigen Genredogmen. Und BLACK WIDOW RECORDS haben sich zudem noch bei der Scheibe mächtig ins Zeug gelegt, die CD im superben "Magipack" (Digi halt) und die LP in zwei verschiedenen Vinylfarben rausgehauen. Grossartig!

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